In Österreich spricht man Deutsch? Ja, auch.

In Folge der politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts hat der Staat nicht nur an Fläche, Einwohnern und Anstand, auch an Vielfalt verloren. Letztere kommt jedoch in den vergangenen Jahrzehnten auf mancherlei Wegen wieder zurück.

Der Essay ist in Der Standard vom 22. 10. 2022, Album S. 1 f. erschienen (in der Druck-Ausgabe unter dem Titel “The Sound of Sprachmusik”)

Österreich war nie homogen, weder ethnisch, noch religiös, noch kulturell oder sprachlich. Es ist nicht alles Deutsch, was beim ersten Hinhören deutsch klingt. Selbst ein kursorischer Blick auf die schillernden Sprachlandschaften da und dort legt Wurzeln und Verzweigungen frei, die den Staat mit den einflussreichsten Zentren und mit den hintersten Winkeln des Planeten verbinden. Allerhand Exotisches hat sich eingeschlichen, Fremd- und Lehnwörter aus Nah und Fern und aus den Tiefen der Geschichte, teils deutlich sichtbar oder hörbar, teils gut versteckt, nebst manch ignorierten oder vergessenen Substraten, die nur noch die Linguistik herauszufiltern vermag.

→ →

Tugendbesoffenheit, ein Rausch ohne Kater

Der Kommentar ist in Der Standard vom 19. 2. 2021, S. 47 erschienen.

Das heuchlerische Besserwissen hat Dimensionen angenommen, die bisher unvorstellbar waren. Wieviel an moralinsauren Ausstößen verträgt das soziale Klima noch?

Ein bis vor Kurzem wenig geläufiger Begriff tummelt sich vermehrt in den deutschsprachigen Medienlandschaften: Die Tugendbesoffenheit. Genaugenommen ist sie bloß alter Wein in neuem Schlauch, eine originelle Bezeichnung halt für ein banales Phänomen, das überbordende Moralisieren.

→ →