In Folge der politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts hat der Staat nicht nur an Fläche, Einwohnern und Anstand, auch an Vielfalt verloren. Letztere kommt jedoch in den vergangenen Jahrzehnten auf mancherlei Wegen wieder zurück.
Der Essay ist in Der Standard vom 22. 10. 2022, Album S. 1 f. erschienen (in der Druck-Ausgabe unter dem Titel “The Sound of Sprachmusik”)
Österreich war nie homogen, weder ethnisch, noch religiös, noch kulturell oder sprachlich. Es ist nicht alles Deutsch, was beim ersten Hinhören deutsch klingt. Selbst ein kursorischer Blick auf die schillernden Sprachlandschaften da und dort legt Wurzeln und Verzweigungen frei, die den Staat mit den einflussreichsten Zentren und mit den hintersten Winkeln des Planeten verbinden. Allerhand Exotisches hat sich eingeschlichen, Fremd- und Lehnwörter aus Nah und Fern und aus den Tiefen der Geschichte, teils deutlich sichtbar oder hörbar, teils gut versteckt, nebst manch ignorierten oder vergessenen Substraten, die nur noch die Linguistik herauszufiltern vermag.