Sind die Wiener Bäder fremdenfeindlich?

Mit Befremden registrieren wir die diskriminierenden und ausgrenzenden Beschreibungen des Publikums einiger städtischer Bäder im Online-Medium Wien-konkret (Abfrage 13. 12. 2011).

Offener TMB-Brief, erschienen in: Augustin, Nr. 311, 14. 12. 2011

Amalienbad
Publikum: es gibt (auch) Österreicher hier
Floridsdorferbad
Publikum: Jugendliche, Familien, Inländer zu Ausländer ca Halbe : Halbe
Hütteldorferbad
Publikum im Winter: hauptsächlich Inländer
Jörgerbad
Publikum: es gibt auch Österreicher
Kongressbad
Publikum: Multikulturell
Laaerbergbad
Publikum: Inländer dürften noch in der Überzahl sein / multikulturell
Theresienbad
Publikum: geringer Inländeranteil

Die Einteilung in in- und ausländische, österreichische und nicht-österreichische Gäste ist diskriminierend und ausgrenzend. Es bleibt unklar, warum diese Information wichtig ist; vielmehr werden Klischees wachgerufen. Die Bezeichnung „multikulturell“ (im Unterschied zu „Ausländer“) lässt zudem befürchten, dass hier eine Kategorisierung in erwünschte und unerwünschte Personen vorgenommen wird. Weiters wird das Publikum im Hietzingerbad und im Höpflerbad als „sehr angenehm“ bezeichnet. Damit wird impliziert, dass die Badenden in den anderen Anstalten nicht angenehm sind. Im Übrigen fragt man sich, durch welche Methoden bei Wien-konkret die soziologischen Ermittlungen vorgenommen werden: Aussehen der Badegäste und persönlicher Eindruck bei einem Stichproben-Besuch? Oder werden seit Neustem beim Eintritt Personalausweise/Staatsbürgerschaftsnachweise/Reisepässe kontrolliert?

Auch wenn Wien-konkret diese Informationen nicht im Auftrag der Verantwortlichen für die Bäder erstellt hat, so kann es der Stadt Wien als Betreiberin nicht egal sein, mit welchen Texten ihre Anlagen beworben werden, wenn Integration und Gleichbehandlung aller noch politische Ziele sein sollten. Fraglich ist zudem, ob es für eine Stadt, die in hohem Maße vom Fremdenverkehr lebt, zielführend ist, den Gästen, die man locken will, auf Webseiten kundzutun, dass sie eigentlich nicht willkommen sind.

Da Wien-konkret diese Publikumscharakterisierungen trotz mehrerer Medienberichte, beispielsweise im Standard, nicht entfernt, bitten wir die Verantwortlichen der Gemeinde Wien, dafür zu sorgen, dass öffentliche Institutionen, die auch mit Steuergeldern erhalten werden, nicht mit diskriminierenden Inhalten beworben werden.

 

Dr. Ingrid Thurner
Initiative Teilnehmende Medienbeobachtung (www.univie.ac.at/tmb)
Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien