Es ist erfreulich, dass der Kurier am 18. 5. 2011 unter dem Titel “Marokkos König steuert den Wandel von oben” einen Bericht über Marokko bringt, auch wenn es dazu eines Besuches von Außenminister Spindelegger im Lande bedarf.
Aber es ist bedenklich, wenn immer wieder in europäischen Medien, so auch in diesem Artikel demokratisch gewählte Regierungen und Terroristen in einem Atemzug mit dem Adjektiv islamistisch versehen werden. Die marokkanische Regierung ist eine rechtskonservative, die die religiösen Traditionen des Landes achtet. Was ist daran islamistisch? Der Zwischentitel „Islamisten-Premier“ klingt wie ein Schimpfwort für einen auch bei seinen politischen Gegnern hoch angesehenen Mann. Niemand kommt auf die Idee, europäische Parteien, die sich auf christliche Werte berufen, wie ÖVP, CDU oder CSU christistisch oder katholikistisch zu nennen.
Dann werden auch noch ein paar Zeilen weiter Terrorakte mit Islamismus in Zusammenhang gebracht. Dabei wird außer Acht gelassen, dass Gewalttaten und Morde vom Islam ebenso geächtet werden wie vom Christentum. Mit diesen Begriffen diskreditiert man gleichzeitig eine Regierung, in die weite Teile des Volkes große Hoffnungen setzen, und eine ganze Religion samt ihren rund 1,3 Millionen Anhängern. In beiden Sprachzusammenhängen sind die Worte Islamismus und islamistisch unangebracht, und Redakteure werden gebeten, sie aus ihrem aktiven Wortschatz zu löschen.
Ingrid Thurner
Initiative Teilnehmende Medienbeobachtung
Institut für Kultur- und Sozialanthropologie
Universität Wien