Museum. Die Aneignung der Welt in ihren Dingen

Der Text erschien in der Wiener Zeitung, 19. 1. 2019.

Während für immer mehr Menschen der afrikanische Kontinent unbewohnbar wird und Geflüchtete zu Tausenden im Mittelmeer sterben, horten europäische Staaten afrikanische Kunstschätze in den Museen und pflegen mit ihnen ihren Ruf als Kulturnation.

Die international geführten Debatten um Herkunft und Verbleib von Museumsobjekten aus Übersee, für deren Erwerb so mancher Sammler vor kriminellen Machenschaften nicht zurückschreckte, lassen sich nicht länger ignorieren. In diesem politischen Klima werden vielerorts in Europa die einstigen Völkerkundemuseen umorganisiert, umbenannt und mit viel Trara und professioneller Öffentlichkeitsarbeit neu positioniert. Dabei greifen sie in Ästhetik und Ausstellungskonzepten auf uralte museologische Vorbilder zurück. → →

Zurück nach Afrika!

Der Text erschien in der Wiener Zeitung, 5. 12. 2018.

Dank Emmanuel Macrons überraschendem kulturpolitischen Vorstoß ist in ganz Europa die Debatte um geraubtes Museumsgut neu entbrannt.

Frankreich hat also beschlossen, ein paar Objekte an die westafrikanische Republik Benin zu überstellen – und zwar genau 26. Ob diese Rückgabe mehr ist als eine symbolische Geste, bleibt abzuwarten. Jedenfalls ist sie ein Signal für andere Länder, schleunigst ihre Kulturpolitik zu überdenken. Schon bangen ganze Museumsabteilungen um ihre Bestände und fragen sich, ob sie auch mit lauteren Mitteln in ihren Besitz gelangten.

Aber all die Fragen um Restitution verweisen nicht nur auf koloniale Schandtaten, sondern mehr noch auf artverwandte rezente Verbrechen. Es wird zwar nun über vergangenes Unrecht betulich herummoralisiert, aber gleichzeitig ist die neokoloniale Brutalität nicht geringer als die koloniale. Die museale Debatte verdeckt, dass die westlichen Maschinerien der Repression immer schneller Unglück produzieren. Nur die Methoden und die Waffen sind effizienter geworden. → →