Kommentar zu Judenhass darf bei uns keinen Platz haben in Die Presse vom 21. 11. 2016
Die islamfeindlichen (um nicht zu sagen islamophoben) Positionen von Gudula Walterskirchen sind seit Langem bekannt, dennoch bietet ihr “Die Presse“ immer wieder eine Plattform sie zu verbreiten Dies macht die Zeitung für Personen, die Menschen nicht aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit schon einmal vorauseilend vorverurteilen, zunehmend unattraktiv.
Es werden Koranzitate – ohne Angabe von Versen noch dazu – aus dem Zusammenhang gerissen. In der Koranauslegung (Tafsir) ist eine der wichtigen Methoden die Festlegung des historischen Kontextes, in dem Mohammed die Offenbarung empfangen hat, die “Gründe der Herabsendung” (Asbab an-Nuzul). Man kann nicht in eine Textstelle hineininterpretieren, was einem gerade passend die eigenen Vorurteile bestätigt, dies ist gemäß islamischer Theologie nicht zulässig.
Es wird in dem Kommentar so getan, als ob Antisemitismus ein muslimisches Monopol sei – als ob es keine antijüdischen Textstellen in christlichen Schriftquellen gäbe, keine anti-jüdischen Haltungen in österreichischen Parteien und in den alten und neuen rechtsextremen Szenen.
Als Kronzeugen werden zwei Personen mit muslimischem Hintergrund herangezogen, die über ihre antisemitische Erziehung berichten. Es werden also zwei Beispiele herausgegriffen und dann dem Rest der etwa 1,5 Milliarden Angehörigen der Religion die gleichen Haltungen unterstellt. Eine solche induktive Schlussfolgerung ist keine Beweisführung, sondern eine Verallgemeinerung. Im Übrigen gibt es auch eine Menge Leute nicht-muslimischer Herkunft, die eine antisemitische Kinderstube beklagen.
Falls es die Gewaltaufrufe in Moscheen oder Schulbüchern, die im Text behauptet, aber nicht belegt werden, tatsächlich geben sollte, ist es eine Angelegenheit zuständiger Behörden, damit aufzuräumen. Aber sie sind kein Anlass, den in Österreich lebenden Muslimen generell eine Gewaltaffinität anzulasten.
Einige der Aussagen aus diesem islamfeindlichen Kommentar sind präzise auf ihn selbst anzuwenden: Mit solchen Texten „erweist man der Integration jedenfalls einen schlechten Dienst“. „Wie sollen gläubige Muslime und deren Kinder, die schon seit Jahrzehnten hier leben, jemals in unserer Gesellschaft ankommen“, wenn ihnen sobald sie die Zeitung aufschlagen, solche Vorurteile, Halbwahrheiten und Dummheiten über ihre Religion entgegenschlagen?
Leider werden in Wien Kinder gemobbt, jüdische und muslimische; auch sie fühlen sich zunehmenden Diskriminierungen ausgesetzt. Man müsste nicht nur gegen Antisemitismus entschlossen vorgehen, wie dieser Kommentar fordert, sondern auch gegen die antimuslimischen Äußerungen, die in ihm getätigt werden.
Anzustreben wäre eine Haltung, die Religion Privatsache sein lässt, und die Menschen – unabhängig von Glaube, Herkunft, Staatsbürgerschaft, Geschlecht und sexueller Orientierung – nach ihren Handlungen betrachtet.